Interview mit Bambang Tanuwikarja,
Meister der Kung Fu Academy Berlin

 

KFSB: In welchem Stadtbezirk unterrichten Sie?
Meister Bambang: Die Kung Fu Academy Berlin befindet sich in Kreuzberg, in der Gneisenaustrasse 33.

KFSB: Welchen Kung Fu-Stil unterrichten Sie, und wie würden Sie diesen Stil charakterisieren?
Meister Bambang: Unser Stil "Tee Kuo Siauw Lim Kung Fu" hat seine Wurzeln im traditionellen, chinesischen Hokian Siauw Lim Kung Fu. Es ist also ein Stil, der aus den südlichen Regionen Chinas stammt. Hier wird vor allem auf starke Arm- und Handtechniken wert gelegt und auf einen kräftigen Stand, da alle Energie aus dem Boden "gesogen" wird.

"Hokian" ist der Name der südchinesischen Region, der dieser Stil entstammt, und "Tee Kuo" bedeutet "Deutschland". Das Ziel, das sich darin ausdrückt, besteht im Verschmelzen von zwei Kulturen und dem Anpassen des Stils an die deutschen Gegebenheiten.


Schriftzeichen "Deguo Shaolin Gongfu"/
"Tee Kuo Siauw Lim Kung Fu"

Das chinesische Boxen Chuan Fa, zu deutsch "Weg der Faust" (hierzulande als Kung Fu bekannt), ist ein wichtiges Element der traditionellen chinesischen Kampfkünste und Hauptbestandteil unseres Stils.

Kung Fu bedeutet wörtlich "vollendete Arbeit", "Handwerker", "Arbeitsmann" oder "Mann, der die Kunst beherrscht, sich körperlich zu üben". Diese Bedeutungen spiegeln das Ziel und den Charakter der Ausbildung im Tee Kuo Siauw Lim Kung Fu wider:

Die Devise heißt "Arbeit". Das Training vermittelt das Verständnis für den ganzen Prozess eines Arbeitsablaufes: Durch körperliche und geistige Arbeit an sich selbst verinnerlicht der Kämpfer die Phasen des Arbeitsprozesses und erkennt das gleiche Muster in allen Formen von Arbeit wieder.

Jeder Arbeitsprozess, wie auch jede persönliche Entwicklung, jede Beziehung, jedes Hobby oder auch der Ablauf eines ganzen Lebes kann so klarer erkannt, gestaltet und bewältigt werden.

KFSB: Welche Voraussetzungen sollte ein Schüler der bei Ihnen beginnen möchte mitbringen?
Meister Bambang: Anfänger, die mit dem Training beginnen wollen, sollten über einen normalen Gesundheitszustand verfügen, die Beweglichkeit sollte nicht eingeschränkt sein.

KFSB: Wie verläuft die Kung Fu-Ausbildung an Ihrer Schule?
Meister Bambang: Da das Training seinen Ursprung im Shaolin-Kloster hat, das für seine harten Übungen bekannt war, stellt es gewisse Ansprüche an Körper und Geist. Unser Trainingsraum hat einen Ein- und einen Ausgang. Geht man durch die linke Tür (den Eingang) füllt man sich mit Energie auf, und begrüßt den Raum. Der Raum wird nach Ende der Trainingseinheit stets nur durch die andere Tür verlassen.

Vor und nach jedem Training wird gemeinsam meditiert. Unser Training umfaßt grundlegende Basis-Bewegungen, Kombinationen und Formen mit und ohne Waffen, sowie Selbstverteidigung als auch ein spezielles (Wett-)Kampftraining. Die uralte, mystische Ursprungsform 18 LoHan, die Boddidharma seinen Schülern vor ca. 1500 Jahren beibrachte, wird schon unseren Anfängern vertraut gemacht.

KFSB: Wie lang ist eine Trainingseinheit und wie verläuft das Training?
Meister Bambang: Eine Trainingseinheit dauert eine Stunde 15 Minuten. Zu Beginn und am Ende wird jeweils fünf Minuten zusammen meditiert, um alle Schüler zu einem synchronen, ruhigen Atemrhythmus zu verhelfen, die Konzentration zu stärken und die Gedanken an alles, was nicht Kung Fu ist, zu beseitigen, damit man aufmerksam wird und aufnahmebereit.

Am Ende des Trainings dient die Meditation dazu, die Körpertemperatur, die nach dem Training oft 40 Grad überschreitet, und die Herzfrequenz herunterzubringen und ermöglicht vor allem, das Gelernte kontemplativ zu verarbeiten.

KFSB: Wie oft kann man in Ihrer Schule trainieren?
Meister Bambang: Ein Kurs hat generell zwei Trainingseinheiten pro Woche. Eine Teilnahme an weiteren Zusatzkursen wie Basistraining, Kampftraining, Theatertraining etc. ist möglich und erwünscht. Grundsätzlich steht jedem Mitglied der Academy frei, innerhalb der Öffnungszeiten so oft zu trainieren, wie es mag und kann.

KFSB: Spielen in Ihrem Unterricht andere traditionelle Elemente/ Künste wie z.B. Löwentanz eine Rolle?
Meister Bambang: Der Löwentanz ist eine der Hauptdisziplinen des Theatertrainings der Kung Fu Academy.

KFSB: Welchen Stellenwert besitzen Formen in Ihrem Unterricht?
Meister Bambang: Formen bilden bei uns die Basis der Bewegungslehre.

KFSB: Welche Rolle spielen Beintechniken in Ihrem Training?
Meister Bambang: Beintechniken spielen bei uns eine ebenso große Rolle wie Handtechniken.

KFSB: Welche Rolle spielt der Freikampf?
Meister Bambang: Freikampf wird in den meisten Kursen regelmässig praktiziert.

KFSB: Wird auf SV-Anwendungen eingegangen?
Meister Bambang: Ja. In der Kung Fu Academy wird wert auf ein realistisches Kung Fu gelegt. Da auch viele Frauen bei uns trainieren, hat die Selbstverteidigung darüber hinaus auch einen effektiven Nutzwert und wird realistisch trainiert.

KFSB: Spielt Akrobatik eine Rolle?
Meister Bambang: Man wird durch das Training im Nebeneffekt ohnehin fit, aber Akrobatik, die an Bodenturnen erinnert, wird hier, anders als im Wu-Shu, nicht trainiert.

KFSB: Finden auch Wettkämpfe statt?
Meister Bambang: Selten. Es gibt aber (freiwillige) Prüfungen und vereinzelt die Teilnahme an externen Kampfturnieren.

KFSB: Gibt es ein Angebot für Kinder?
Meister Bambang: Ja, es gibt sowohl Kinder- als auch Jugendkurse.

KFSB: Werden Waffentechniken unterrichtet?
Meister Bambang: Ja, der Umgang mit Stock wird sehr früh trainiert, später kommt das Schwert hinzu.

KFSB: Spielt geistige Übung (z.B. Meditation) eine Rolle?
Meister Bambang: Ja, wie bereits erwähnt, spielt Mediation eine wichtige Rolle in unserem Training.